Kapitel 8
Charles schlenderte frustriert zu Nazuan, der verblüfft fragte:
"Was ist los, alter Freund? Was hast du?"
Nero hob den Kopf.
"Das Namensschild, Nazuan. Nethir ist hier!"
Nazuan's lächeln erstarb.
"Was sagst du da? Woher willst du das wissen?"
Charles deutete missmutig auf das Namensschild des gegenüberliegenden Zimmers. Nazuan las den Namen und nickte verständnisvoll.
"Aber das heißt nicht, dass er auch im Moment hier ist." "Nein, das nicht, aber-" "Hat der Mann unten nicht gesagt, dass die Ehrenzimmer für immer reserviert bleiben? Wer es einmal betritt, prägt es für den Rest seines Lebens, glaub' ich."
Charles nickte bedächtig. Gerade öffnete er den Mund für einen Einwand, schloss ihn dann aber wieder. In diesem Moment ertönte der Gong zur Nachtruhe.
"Oh, ich glaube, es ist Schlafenszeit, Charles. Komm, gehen wir schlafen. Wir haben
ja zum Glück ein Zweibett-Zimmer." Nazuan grinste.
Nero verzog das Gesicht, aber er brummte zustimmend. Heute würden sie sich keine Gedanken mehr darüber machen, soviel stand fest.
Das Licht des Vollmondes strahlte durch das offene Fenster des Quartiers gegenüber von Nazuan's. Leise heulte der Wind in der dunklen Nacht. Urplötzlich wahr das Geräusch von ledrigen Schwingen zu vernehmen.
Über den Balkon erhob sich ein Schatten. Von diesem löste sich ein kleiner Teil, der lautlos auf dem Balkon ankam.
Sein Umhang flatterte leise in der Nacht, während Nethir vom Balkon aus das Hotel betrat.
Am nächsten Morgen erwachte Nazuan gähnend, als er bemerkte, dass Charles am Balkon stand und sehnsüchtig nach dem Morgenlicht Ausschau hielt. Als er den gerade erwachten Nazuan bemerkte, drehte er den Kopf und ließ von sich
"Wunderschön, nicht wahr?" vernehmen.
Bloodclaw nickte zustimmend, zog sich seine Stoffrüstung an - Es war ihm sowohl verboten, in aller Öffentlichkeit mitseiner Wächterrüstung rumzulaufen, als auch jemals Rathmas Zeichen nicht zu tragen, was alles sehr kompliziert war -, und ging zur Tür.
Als er hindurchtrat und sie hinter sich wieder schloss, traf sein Blick den Blick der Person, der er seinen neuen Job zu verdanken hatte.
Nazuan verbeugte sich knapp, und sagte dann höflich, aber bestimmt:
"Hallo, Nethir. Was machst du denn hier, wenn ich fragen darf?"
Nethir seufzte.
"Hallo, Nazuan. Ich wollte nur nochmal gucken kommen, ob das Hotel noch steht."
Nazuan schmunzelte, doch Nethir beachtete ihn nicht.
"Außerdem wollte ich noch einmal überprüfen, ob es die beste Herberge der Sterblichen mit den Betten in Kâra'zhan aufnehmen können. Aber: Was hast du hier verloren, Bloodclaw?"
Nazuan grinste.
"Nun, ich genieße meine Freizeit, indem ich mit Charles eine Reise nach Nether mache."
Nethir nickte verständnisvoll, verzog dann aber eine Grimasse.
"Aber vergiss nicht, dass Charles getötet wurde, und dass du ihn dann gesucht und gefunden hast!"
Nazuan zog die Augenbrauen hoch.
"Woher weißt du...?" Er lächelte, doch es erstarb sofort wieder.
"Moment mal! Wenn du hier
bist, wer bewacht dann...?"
Diesmal war es Nethir, der grinste. Dann deutete er auf seinen Gürtel, wo - Nazuan könnte seinen Augen nicht trauen - Daeda no Kâra in ihrer Scheide steckte. Andeutungsweise zog Nethir sie hervor.Sowohl Nazuans, als auch Nethirs Gesicht spiegelten sich in der perfekten Klinge wider.
Nazuan nickte verständlich, begab sich dann aber zum Aufzug. Jetzt sollte es erstmal Frühstück geben!
Fortsetzung folgt...