So, das heutige Kapitel, beziehungsweise Teilkapitel, ist da. Ich hoffe, es gefällt.
Komme gegen Abend nochmal on, bis dahin: Viel Spaß beim Lesen.
Foletta ignorierte die letzte Aussage seines Patienten und ging zu seiner nächsten Frage über. „Michael, glauben Sie denn selbst, dass Sie geistesgestört sind?“
„Sie fragen mich, ob ich glaube, dass ich irre bin?“ Michael zwinkerte hinter seiner randlosen Brille. „Das ist fies, Doc. Als würden Sie einen katholischen Priester fragen, ob seine Freundin weiß, dass er onaniert. Egal wie er antwortet – es ist falsch. Wenn ich sage, ich bin irre, gehöre ich hier rein. Wenn ich behaupte, ich wäre gesund, ist meine Sicht der Realität verzerrt, ich weiß nicht mal, dass ich krank bin, ich armer Mann, und gehöre erst recht in eine Anstalt wie diese.“ Erneut zwinkerte er. „Schlau, Doc, schlau. Aber nicht mit mir.“
Noch immer etwas verstört von der Metapher den Priester betreffend, schüttelte den Kopf, um ihn klar zu bekommen, und setzte erneut an: „Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Sind Sie der Meinung, geistesgestört zu sein, oder nicht?“
„Hmm...ich würde sagen, nein. Oder wenn ich es bin, dann gehören noch einige andere Leute eingewiesen. Wenn ich 5 Leute abknalle und es mir nicht Leid tut, bin ich irre. Aber wenn ein Präsident 500.000 Leute wegbombt und es ihm bei seinem Wahlkampf hilft, gehört er gefeiert? Wo ist da die Logik,
Doc?“
Antonio rieb sich die Augen. Er war müde, und dieser Mann zermürbte ihn. „Ich bitte Sie nochmals, bleiben wir bitte bei „Herr Doktor“, ist das in Ordnung?“ ,bat er schwach.
Michael zuckte gelassen die Schultern, aber hinter seinen Brillengläsern blitzten die Augen frech. „Aber klar doch.“
„Danke. Als nächstes würde ich gerne wissen, was...“ Foletta wurde von der sich öffnenden Zellentüre unterbrochen. Der Wärter namens John betrat die Zelle, bewaffnet mit einer Elektroschockpistole. Hinter ihm kam zaghaft eine Krankenschwester herein, ihrerseits nur mit einem mit Wasser gefüllten Pappbecher in der einen und einer kleinen, blauen Pille in der anderen Hand bewaffnet. Sie schien sich nicht sehr wohl zu fühlen.
„So, Mr. West. Zeit für Ihre Medizin.“ Und an Antonio gewandt: „Herr Doktor, Sie müssen jetzt gehen. Die Besuchszeit ist vorbei, und Michael muss seine Medizin nehmen.“
„Meine Mutter hat immer gesagt, Drogen seien böse.“ ,kicherte Michael.
„Keine Witze. Schwester, die Tablette bitte.“ Zaghaft überreichte die Frau John sowohl den Pappbecher als auch die Tablette. Foletta verließ die Zelle und saß sich der Schwester gegenüber. Verlegen begann er ein Gespräch.
„Schwester...“, er schielte auf ihr Namensschild, „Roberts, was genau wird Michael da verabreicht.“
„Ein Mittel namens Hypnocil, es stellt ihn ruhig. Eigentlich zählt Michael zu den ruhigeren Insassen, er neigt eher zur verbalen Attacke, aber besser Vorsicht als Nachsicht, nicht wahr?“
Während sie sprachen, hörten sie, wie John mit Michael redete.
„Okay, Mr. West, jetzt machen Sie mal weit den Mund auf.“ Gehorsam öffnete der Patient den Mund, nahm dem Wärter die Pille ab, steckte sie sich in den Mund, nahm dann den Pappbecher, trank das Wasser mit einem Schluck, zerknüllte den Becher und warf ihn in eine Ecke.
Nachdem er fertig war, riß John ihm gewaltsam den Mund auf und leuchtete mit einer kleinen Stiftlampe die Innenseite seines Mundes ab. Nachdem er die Pille nirgends entdecken konnte, ließ er Michael
los und wandte sich zum Gehen.
„Was ist, trauen Sie mir nicht?“ ,fragte Michael sarkastisch, während er sich den schmerzenden Kiefer rieb. Er drehte den Kopf, als er jemanden sprechen hörte.
„Nun, Michael. Schlafen Sie gut. Wir sehen uns dann morgen.“ Freundlich lächelnd streckte Foletta seinem frischgebackenen Patienten die Hand durch die Gitterstäbe hindurch zu. Irritiert und etwas angeekelt schaute Michael auf die Hand seines Psychiaters, ohne den Gruß zu erwidern. Nach ein paar Sekunden ließ Antonio die Hand enttäuscht wieder sinken. „Nun, bis morgen.“ Geistig notierte er sich: Verachtung gegenüber der Menschheit im Allgemeinen. Eventuelle Agaraphobie. Damit wandte er sich zum Gehen.
Zehn Minuten, nachdem die letzten Schritte von Foletta und John verklungen waren, schlich Michael auf den in einer Ecke liegenden, zerknüllten Pappbecher zu. Vorsichtig öffnete er ihn, als wäre ein Schatz in ihm verborgen, und zog die durch seinen Speichel etwas nasse Hypnocil-Pille heraus. Freudig pfeifend ging er zur Toilette, warf die Tablette hinein. Sorgsam betätigte er die Spülung und sah zu, wie die Pille im Strudel des Wassers verschwand.
Zufrieden legte er sich auf sein Bett und schloss die Augen. Michael war froh, einen halbwegs intelligenten Gesprächspartner gefunden zu haben. Der morgige Tag würde lustig werden.
Und am morgigen Tag werdet ihr auch erfahren, wen, wieso und wie Michael umgebracht hat.
Und ich hoffe, man nimmt mir den doch etwas derben Vergleich mit dem kath. Priester übel.