So, macht euch auf viiieeeel Lesestoff gefasst.

Ich möchte im Vorfeld nicht viel verraten, darum lest doch selbst: Viel Spaß:
Der nächste Morgen
Antonio hatte schon besser geschlafen. Und schon mehr. Immer noch gähnend rieb er sich den Schlaf aus den Augen und taumelte in Richtung Kleiderschrank. Er griff wahllos nach einem Hemd und einer Hose, zog sich rasch an, putzte sich die Zähne, und verließ, immer noch gähnend, das Haus. Er würde am Weg etwas essen.
Nachdem er in einem Starbucks einen schwarzen Kaffee und einen überteuerten Donut konsumiert hatte, ging es Foletta langsam besser. Er hatte starke Kopfschmerzen, und fürchtete, sie könnten sich zur Migräne auswachsen, und schluckte deshalb zwei Aspirin.
Dabei fiel ihm der Anblick Michaels ein, der sich langsam die Hypnocil-Tablette in den Mund schob und sie mit Wasser runterspülte. Antonio nahm sich vor, mehr über dieses Mittel herauszufinden.
Nach kurzer Fahrt erblickte er die pompöse Vorderfront des
Bentley Asylums. Der Wärter von gestern, Antonio hatte seinen Namen vergessen, öffnete die Schranke für ihn und winkte ihn freundlich durch. Antonio nickte dem Mann zur Begrüßung zu.
Wieder führte Antonio's Weg durch das Büro von James Kramer, der ihn schon erwartete. Offenbar sah man Antonio seine mehr oder weniger schlaflose Nacht an, der Anstaltsleiter schaute etwas schockiert drein.
„Guten Morgen, Antonio.“ ,sagte er fröhlich. „Haben Sie gut geschlafen?“ Antonio murmelte zur Antwort etwas Unverständliches, das durch ein mühsam unterdrücktes Gähnen unterstützt wurde.
„Wie auch immer, es freut mich, Sie heute schon so früh hier anzutreffen. Michael ist schon auf, soweit ich weiß liest er gerade etwas, Sie können gleich...“
„Wieso haben Sie es mir nicht erzählt?“ ,unterbrach ihn Foletta.
„Wie meinen?“ Kramer schaute verwirrt. „Was habe ich Ihnen nicht erzählt?“
„Dass Michael ein Scharfschütze ist! Dass er nicht im Affekt seine Familie ausgelöscht hat oder Ähnliches, dass er ein vom Staat bezahlter Profikiller ist!“
„Ich dachte, wenn jemand mit Michael redet, der seine Vorgeschichte nicht kennt, öffnet er sich demjenigen gegenüber vielleicht eher...“
Antonio schnaubte verächtlich. „Oh, ja. Tolle Idee.“
„Ich glaube, es ist noch zu früh für Sarkasmus.“ Kramer schüttelte traurig den Kopf. Anscheinend bereute er es jetzt, Foletta nicht eingeweiht zu haben. Dann sagte er:
„Reden Sie mit Michael darüber. Vielleicht war meine Idee kein kompletter Reinfall. Michael ist ein Kontrollfreak, und unglaublich von sich selbst eingenommen. Hören Sie sich seine Geschichte an. Er wird Ihnen mit Freuden alles sehr detailliert erzählen. Hier, nehmen Sie die Karte und sprechen Sie mit Michael. Sie sind der erste Mensch, mit dem er seit 8 Jahren mehr als ein paar Worte gewechselt hat.“
Gegen seinen Willen fühlte Antonio so etwas wie Stolz. Er hatte einen Mann geknackt, an dem viele andere Therapeuten gescheitert waren.
Einen Mann, der ohne Reue tötet. Der mich töten würde, gäbe ich ihm Gelegenheit dazu.
Schaudernd ging Antonio zur Türe, die in den Hochsicherheitstrakt führte, und zog die Karte durch. Kramer hatte offensichtlich wieder nicht die Absicht, mitzukommen.
„Guten Morgen, Dr. Foletta.“ John begrüßte Antonio ebenso freundlich wie der Wärter am Eingang. Schon komisch, kaum einen Tag hier und schon entwickelte sich ein gewisser Tagesablauf.
Nur meiner wird von Gesprächen mit einem geisteskranken Killer unterbrochen.
Er nickte John dankbar zu, als dieser die zweite Glastüre für ihn öffnete und ihm die Zellenschlüssel reichte. Diesmal
ging er geradeaus, den Blick stur auf die gegenüberliegende Wand gerichtet. Ein solcher Fehltritt wie beim ersten Mal sollte ihm nicht nochmal passieren. Endlich bei Michaels Zelle angekommen, konnte er sehen, dass sein Patient friedlich auf seinem festgeschraubten Stuhl saß und ein Buch las. Er hatte Antonio noch nicht bemerkt, und dieser nutzte die Zeit, um zu erfahren, was für ein Buch Michael las. In seinen Gedanken malte sich Antonio mehrere Möglichkeiten aus:
Die 9. Panzerdivison
Mein Kampf
Hunting Magazine
Als er den wirklichen Titel las, musste Antonio sich zurückhalten, um nicht laut aufzulachen.
Alice's Adventures in Wonderland. Das Lachen verging Antonio, als er bemerkte, dass jemand das Wonderland mit blutroter Wachsfarbe durchgestrichen und
Madhouse darüber geschrieben hatte. Antonio räusperte sich hörbar. Michael, ganz in seine Lektüre vertieft, schien das nicht zu bemerken. Also sperrte Antonio die Zelltüre auf, setzte sich seinem Patienten gegenüber und wartete. Ihn jetzt zu unterbrechen würde ihn nur unnötig aufregen, und Antonio hatte alle Zeit der Welt. Nach einer Minute des Schweigens begann Michael laut zu lesen:
„But I don't want to go among mad people.“ ,Alice remarked.
„Oh, you can't help that.“ ,said the Cat. „We're all mad here. I'm mad. You're mad.“
„How do you know I'm mad?“ ,Alice asked.
„You must be.“ ,said the Cat. „Or you wouldn't have come here.“
Nachdem er fertig war, hob Michael seinen Blick von der Lektüre und schaute den leichenblassen Antonio an.
„Guten Morgen, Herr Doktor. Es freut mich, Sie schon so früh hier anzutreffen.“
Antonio, immer noch erschüttert, schluckte seinen Speichel hinunter und erwiderte die Begrüßung. „Ich wollte mit Ihnen über etwas reden, Michael.“
Michael schaute theatralisch drein. „Haben Sie mein dunkelstes Geheimnis entdeckt, Doc?“
„Nein, aber eines der dunkleren.“
Michael's Augen blitzten spöttisch. „Sagen Sie's mir.“
„Sie haben nicht einfach 5 Leute infolge einer Kurzschlusshandlung getötet, Sie haben das geplant und kaltblütig fünf Männer erschossen.“
„Drei.“ ,verbesserte Michael. „Es waren drei Männer. Eine Frau und ihr Sohn waren auch dabei.“
„Wieso? Wieso, Michael?“ Foletta war überwältigt und angewidert zugleich. Dieses...Monster sprach seelenruhig über seinen Mord an einem Kind.
Michael zuckte die Schultern. „Meine Eltern haben mich nie geliebt. Ich habe Computerspiele mit Gewaltinhalt gespielt. Ich hatte einen Onkel, der mich mehr lieb hatte als ich es gern gehabt hätte. Suchen Sie sich was aus.“
Erneut verlor Foletta die Geduld. Michael machte einen Witz aus seiner Tat.
„Verdammt nochmal, wieso?! Sagen Sie schon, oder ich schwöre bei Gott, ich werde genug Medikamente anfordern, um Sie Ihr restliches Leben lang zu Gemüse zu mach...“
„Weil ich konnte.“
„Was?“ Foletta unterbrach seine Drohung abrupt.
„Weil es
einfach war. Alle Weltreligionen predigen von geheiligtem, wertvollem Leben, aber Mord ist nicht viel schwieriger als einen Lichtschalter betätigen. Klick, klack, klick, klack. Licht aus.“
„Für normale Menschen gibt es etwas, das wir „Moral“ oder „Gewissen“ nennen.“ ,knirschte Antonio.
Erneut zuckte Michael gleichgültig mit den Schultern. „Meine Seele ist mir egal. Ich will hier und jetzt Spaß haben.“
„Es hat Ihnen Spaß gemacht?“ Foletta wurde etwas lauter.
„Was glauben Sie, warum ich hier bin? Als normaler Mörder würde ich bald am Stuhl schmoren, aber als Irrer bin ich eine bemitleidenswerte Kreatur, die nicht weiß, was sie verbrochen hat.“ Michael verzerrte das Gesicht zu einer Grimasse, die wohl Trauer ausdrücken sollte.
„Was war daran denn...lustig?“ Foletta biss sich auf die Unterlippe. Seine Kopfschmerzen wurden stärker.
„Lustig ist das falsche Wort. Spaß im Sinne von...Befriedigung, ja. Es war so einfach. Und so genial.“
„Wie...haben Sie es getan, Michael?“ Foletta wusste nicht, ob er das wirklich erfahren wollte. Michaels Augen blitzten auf. Er freute sich darauf, seine Geschichte zu erzählen.
„Also, dem Ganzen ging lange Planung voraus, mit der ich Sie nicht weiter langweilen will. Wie Sie inzwischen wahrscheinlich wissen, war ich bei der Armee, bevor ich vor fast 10 Jahren den Dienst quittiert habe.“
„Wieso das?“ Foletta war wieder ruhig, ganz der Profi, und hielt den Block bereit, um sich Notizen zu machen.
„Das Schießen auf Pappfiguren machte mir keinen Spaß. Pappe blutet nicht, Pappe schreit nicht, Pappe
fühlt nicht.
Hang zum Sadismus.
Wieder versuchte Michael, Foletta's Notizen von seinem Platz aus zu lesen. Dann sagte er: „Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, dass Ihr Schriftbild grauenhaft ist, Doc?“ Als er Antonios Schrift entziffert hatte, sagte er: „Sadismus? Ich bitte Sie! Das waren 6 schöne Schüsse, alle auf den Kopf gezielt! Die ersten paar wussten nicht, wie ihnen geschieht! Vollkommen schmerzlos.“ Grinsend fügte er hinzu: „Und doch so wundervoll.“ Aber Foletta hörte nicht richtig zu, ihm war etwas aufgefallen.
„Sechs Schüsse? In der Zeitung stand etwas von 5 Toten.“
Michael zuckte beiläufig die Schultern. „Nun, einmal habe ich daneben geschossen. Ja, ich weiß, das enttäuscht Sie, tut mir Leid.“ Michael senkte beschämt den Kopf. In Foletta kochte wieder heiße Wut auf.
„Hören Sie auf mit dem Theater, verdammt! Was ist passiert?“
„Okay, Doc. Schon gut.“ Michael hob beschwichtigend die Hände. „Kennen Sie sich mit Schusswaffen aus? Der erste Schuss ist schwierig, da man mit kaltem Lauf feuern muss. Danach wird es immer besser. Lustiger weise war mein kalter Schuss ein Volltreffer. Hat dem ersten Mann das Nasenbein gespalten. Sein Kopf ist förmlich
explodiert, Doc!“ In Michaels Stimme schwang sogar so etwas wie Stolz mit. Foletta schluckte schwer. Er fühlte sich krank.
„Und Ihr zweiter Schuss ging daneben?“ ,fragte er, bereit, mit zuschreiben.
„Oh, nein. Der war auch noch nett. Leider kein Kopfschuss, dieser Idiot duckte sich, als er den ersten Schuss vernahm, und so traf ich ihn nur in den Rücken. Aber egal, er ist verblutet, bevor die Polizei kam. Der dritte Schuss ging daneben. Seltsam, denn der Lauf war jetzt eigentlich heiß genug. Vielleicht war ich ein bisschen aufgeregt, kann beim ersten Mal ja passieren. Wie dem auch sei, der dritte verfehlte eine Frau mittleren Alters knapp und schlug in den Beton ein. Mein vierter Schuss holte eben erwähnte Frau von den Beinen. Sie war sofort tot, ich hatte ihr durch den Rücken ins Herz geschossen. Mein fünfter Schuss hingegen...“
„Genug davon!“ Foletta schrie jetzt fast. „Ich will das nicht mehr hören, verdammt! Sie sind ja
krank!“
Michael grinste. „Bin ich das? Darf ich Sie daran erinnern, wo wir hier sind, Doc? Bin ich „krank“, weil ich töte, oder weil ich reuelos töte?“
„Ich glaube, das wissen Sie ganz genau.“
„Ich würde es so gerne aus Ihrem Mund hören, Doc.“
„Weil Sie ein gottverdammtes Monster sind!“
„Ein einfaches: „Letzteres.“ hätte mir gereicht, Doc.“ Foletta rieb sich die Schläfen. Seine Migräne wurde schlimmer.
Michael legte bedauernd den Kopf schief. „Kopfweh, Doc? Das tut mir aber Leid.“
„Nicht so schlimm“ ,murmelte Foletta, obwohl sein Kopf zu explodieren schien.
Wie der von Michaels erstem Opfer...Antonio schüttelte diesen Gedanken ab und ging zur nächsten Frage über.
„Wo haben Sie Ihre...Tat vollstreckt?“
„Das war ja das Beste, Doc! Kennen Sie die Parkgarage in der 12. Straße?“
„Parkgarage? Welche?“
„Hmm, vielleicht existiert Sie nicht mehr, ist ja lange her. Egal, auf jeden Fall habe ich diese Garage eine Zeit lang beobachtet, weil dort ein Umbau stattfand. Eines Tages, es war gegen sieben Uhr Nachmittags, fuhr ich zu besagter Garage. Ich wusste, dass dort weder jemand parken noch arbeiten würde, nicht um diese Zeit. Ich parkte mein Auto im obersten Stock, öffnete den Kofferraum, entnahm ihm die...wie sagt ihr?, die
Tatwaffe, stellte mich an den Rand des Daches und begann zu jagen.
„Bei einer Jagd jagt man Tiere, keine Menschen.“ ,knirschte Foletta.
„Diese Leute waren keine Menschen...das waren Tiere. Allesamt. Ungehobelte, dumme, blind durch die Welt spazierende Idioten, deren Tod der Gesellschaft sicher nur zugute kam.“ Michael schien wirklich davon überzeugt zu sein.
„Moment, Sie glauben, das, was Sie getan haben, war
richtig?“ Foletta konnte es nicht fassen.
„Richtig, falsch, ist doch egal. Sie sind tot, ich bin hier drin. Aber wissen Sie was, Doc? Ich würd's wieder tun. Immer wieder. Immer und immer wieder, und wieder...“
Beide unterbrachen ihr Gespräch und drehten sich der Türe zu, in der John stand. Er sah nicht freundlich aus.
„Dr. Foletta? Verlassen Sie die Zelle.“
„Wieso? Ich bin noch nicht fertig, die Besuchszeit ist noch nicht vorbei! Sie haben kein Recht...“
„Raus! Sofort!“ Im Laufschritt huschte Antonio hinter dem Wärter aus der Zelle.
„Zeit, dir Manieren beizubringen.“ ,knurrte der Wärter.
„
Mir? John, Sie sind ein ungehobelter Klumpen Fleisch, der in einer Anstalt jobbt. Ich bitte Sie, bringen Sie mich nicht zum Lachen.“ Michael grinste boshaft.
„Du willst es so haben, was?“ John holte aus und schlug Michael mit voller Kraft ins Gesicht. Michael keuchte auf, baumelte unsicheren Fußes zurück und bedeckte sich mit beiden Händen das Gesicht. Er stand eine Minute lang so da, keuchte und schnaufte.
„Hey, West. Alles in Ordnung?“ Aus Angst um seinen Job ging John zu Michael heran, streckte die Hand aus, um ihn zu untersuchen. „Hey, was ist mit di...“
In dem Moment schnellte Michael hoch, und seine Fingernägel fuhren über Johns Gesicht und hinterließen dort vier blutige Striemen. Sein Mittelfinger erwischte John's Auge. Der Schmerzensschrei des Wärters ließ ihn nicht innehalten, er schlug ihm mit der Faust in die Magengrube, woraufhin John seufzend zu Boden ging. Michael traktierte sein Gesicht und den Genitalbereich solange mit Tritten, bis drei Wärter rein stürmten, die Michael von dem wimmernden Etwas am Boden weg zogen und an beiden Armen festhielten. Michael leistete keinerlei Widerstand.
Er drehte den Kopf und schaute zu Foletta, der die Szene schockiert beobachtet hatte. Michaels Unterlippe war aufgeplatzt, und Blut rann ihm aus dem Mundwinkel. Trotz allem grinste er.
„Auge um Auge,
Doc...“ keuchte er und spuckte Blut, das den am Boden liegenden John ins Gesicht traf. Dann gab einer der Wächter ihm eine Spritze, Michaels Glieder erschlafften und seine Augen rollten nach hinten.
So, diesmal etwas mehr, quasi als "Entschädigung" für das verpasste Update gestern. Nächstes Mal erfahrt ihr mehr über Michaels Vergangenheit, wieso John ihn überhaupt angreift und über die daraus resultierende Strafe.

Hoffe, es hat euch gefallen.