Prolog:
Der Wind heulte in der dunklen Nacht, über der Stadt Krakanoa legte sich der Schatten des Berges Chiraia. Der volle Mond war die einzige Lichtquelle in der Stadt.
Nethir seufzte leise. Wie sehr er solche Nächte vermisste! Leider waren sie wegen der Ausrottung der natürlichen Lebensräume sehr selten geworden. Natürlich, die Elfen lebten noch immer mit der Natur, aber die Shar'ti'gal...
Sie löschten jedmögliches Ökosystem in ihren Landen aus, beteten zu Akama, einen Diener Talos' und Schöpfer der Arkanen Magie.
Nethir seufzte erneut, vollführte dann einen Rückwärtssalto auf den Rücken seines schwarzen Drachen,...
...Und flog davon, hinein, in die schwärze der Nacht.
War es immer so gewesen? Nein!, erinnerte er sich.
Es gab mal eine Zeit, da war der Name 'Shar'ti'gal' ein unbekannter Begriff, mit dem niemand etwas anfangen konnte. Damals nannte man sie 'Missgeburten'. Damals...
Er seufzte laut.
Damals, mit Ryuma...
Damals, als er noch mit Ryuma Schwertkampf geübt hat.
Damals, als er mit Ryuma Fangen gespielt hat, oder andere Spiele.
Damals, als sie beide noch kleine Kinder gewesen waren.
Damals, bevor alles begann...
Kapitel 1 "Nicht so schnell, Jungs! Wartet doch auf mich!", schrie Garrick kraftlos. ER versuchte gerade verzweifelt, hinter den Drachenbrüdern hinterher zu rennen. Natürlich waren es weder Drachen, noch Brüder. Es waren zwei kleine, enorm schnelle und auch ordentlich starke Jungs, die auf die Namen Ryuma und Nethir hörten.
"Wenn du es tempomäßig mit uns aufnehmen willst, dann musst du schon mehr trainieren, Gar!" Ryuma lachte höhnisch.
"Wenn du uns schon begleiten willst, dann sei uns wenigstens kein Klotz am Bein!"
Vre'gal, an dem die Drei gerade rein zufällig vorbeirannten, begann zu kichern, als er die Worte aufschnappte.
Garrick warf ihm einen finsteren Blick zu, doch der kam nicht an, zum einen, weil Garrick nicht böse gucken konnte, zum anderen, weil Vre'gal schon hinter zwei Ecken verschwunden war. Nun, genauer gesagt, war es Garrick, der schon hinter zwei Ecken verschwunden war, doch es war wichtiger, die Drachenbrüder nicht aus den Augen zu lassen, als verzweifelt zu versuchen, Vre'gal böse anzustarren. Und so rannte er weiter, immer weiter...
Doch es dauerte nicht lange, da hatten Ryuma und Nethir ihn abgehängt.
"Mann, was für ein Schwachkopf! Wie kann er auch nur träumen
, mit uns mit zu kommen?", ließ Ryuma schnaubend erschallen.
Nethir zuckte mit den Schultern, dann erwiderte er:
"Sollten wir nicht
langsam zum Schwerttraining, Ryuma?"
Dieser erschrak, als er die Worte vernahm. Dann sagte er schuldbewusst:
"Stimmt, du hast Recht. Verdammt! Mein Vater wird mir eine Woche hausarrest geben, wenn wir zu spät kommen!" "Na, dann sollten wir uns schleunigst auf den Weg machen!"
Gerade wollte Ryuma noch antworten, aber Nethir war schon fünfzig Meter von ihm entfernt. Also legte auch der blauäugige Junge einen Sprint in die Trainingshalle ein. Schließlich gab es keinen strengeren Schwertkampflehrer als sein Vater, Roku, der Waffenschmied der Tora.
Die Tora haben eine große Insel, genau zwischen den beiden Kontinenten. Sie gehören zu den drei aurischen Völkern, zu denen außerdem die Narith, sowie die Dunkelelöfen gehörten.
Sowohl Ryuma, als auch Nethir dachten, dass letzterer ein Tora war, wie sein Freund. Niemand hätte ahnen können, dass jener ein Dunkelelf, nein, ein
Gott war, und das sogar ein mehrfacher!
Denn zu jenem Zeitpunkt war Nethir einfach nur Nethir, ein kleiner, harmloser Junge aus dem Reich der Tora.
Der Schwertkampfunterricht war alles andere als einfach, nun, das war er nie wirklich gewesen, aber heute hatte Roku es ganz
besonders schwer gemacht. Es gab keine Begründung, nur den Verdacht, dass es
vielleicht etwas
damit zu tun haben könnte, dass sie eine Zehntelumdrehung zu spät kamen.
Doch das war nur ein kleiner, harmloser, völlig bedeutungsloser Verdacht.
Im Duell hatte Nethir ganz knapp gesiegt, und das durch den glücklichen Zufall, dass der letzte, der hier trainiert hatte, offenbar eine Banane gegessen hatte, und nicht so Recht wusste, wo der Mülleimer war.
Es gab einen mehr oder weniger lauten Knall, als Ryuma auf dem Boden aufkam. Er hat sich nicht verletzt, aber erschrocken, und das kostete wertvolle Sekunden, welche Nethir selbstverständlich voll und ganz ausnutzte.
Als der Kampf, und somit auch der Unterricht zuende war, wollten die beiden gerade gehen, als Ryuma von Roku zurückgehalten wurde.
Er sagte mit väterlicher Stimme zum verwunderten Nethir:
"Sorge dich nicht, kleiner Nethir. Geh ruhig wieder spielen. Ich möchte mich nur ein wenig mit meinem Sohn unterhalten."
Nethir blinzelte verwirrt, folgte dann jedoch dem Ruf, und schlenderte durch den Flur. Als er um eine Ecke abbog, hörte er sofort auf zu laufen und lauschte.
Er hörte Schritte, die sich in seine Richtung bewegten, nein, doch nicht, sie bogen gerade in den großen Saal ab.
Als er merkte, wie sich die Tür jenen Raumes schloss, nachdem sie leise geöffnet worden war, schlich er sich dort hin und lauschte an der Tür.
"...möchten dich herzlichst begrüßen, junger Ryuma. Setz dich doch! Nun, es geht um Folgendes:..."
Die Stimme erzählte ein paar Stücke aus Ryumas Leben, erzählte alte Legenden, und andere Scherereien. Sie legte eine Pause ein, dann sprach sie langsam und bedächtig weiter:
"Und das heißt, in deiner Sprache, dass du einer der legendären Drachenreiter bist! Ryuma Drachentöter, Rokus Sohn, Donnerdrachenreiter, erhebt Euch, nehmt Eure Drachenklinge entgegen, und seid stolz auf Euch!"
Nethirs Kinn klappte erstaunt auf. Er hatte die Geschichten über die Drachenreiter schon oft gehört, und nun stellte sich heraus, dass sein bester Freund einer der Auserwählten ist? Unglaublich!
Wie wohl das Schwert aussieht? Ob ich auch ein Drachenreiter bin? Ob das Schwert von Roku geschmiedet wurde? Bestimmt, von wem denn sonst? Bekommt Ryuma jetzt auch so eine tolle Drachenrüstung? All diese Gedanken rauschten Nethir innerhalb einer Sekunde durch den Kopf, auf der Suche nach Antworten.
Dann ertönten mehrere Geräusche, als würden Leute aufstehen, was Grund genug für Nethir war, schnell wegzuhuschen.
"Mann, ist das cool!", kreischte Garrick entzückt, Vre'gal nickte respektvoll, und Nethir...
...stand stumm in einer Ecke und betrachtete neidisch das mit einem blauen Drachen verzierte Katana-Schwert. Auch die Parierstange war blau, und wenn es dunkel gewesen wäre, wäre sicherlich auch jedem aufgefallen, dass die Augen der Drachenverzierung blau leuchteten. Im gleichen Blauton wie Ryumas Augen.
Während Ryuma mit einem "Schwert, welches mein Vater mir nachträglich zum Geburtstag geschenkt hat" angab, dachte sein Kumpel immernoch das Gleiche, abgesehen von der Sache des Aussehen des Schwertes.
Zwar war es eine Ehre, Drachenreiter zu sein, aber wer
damit angab, holte sich nur Feinde, statt Bewunderer.
Vermutlich war das der Grund für Ryumas Lüge, doch obwohl Nethir die Wahrheit kannte, konnte er nichts damit anfangen.
Niemand konnte seine Fragen beantworten, denn sonst würde man fragen, woher er wusste, dass Ryuma ein Drachenreiter ist. Und dann würde man ihn dafür bestrafen, dass er einfach private Gespräche belauschte.
Also musste er warten, doch worauf nur?
Am Nachmittag wurde Nethir von Roku in dessen Schmiede gerufen. Da er keine andere Wahl hatte, ging er auch dort hin.
Doch unerwartet sagte der Schmied beiläufig:
"Du hast gelauscht, Nethir, oder?"
Nethir verschluckte sich an dem Brötchen, welches er gerade aß, und guckte dann beschämt zu Boden.
Roku nickte.
"Ich kann mir vorstellen, dass du extrem neidisch auf ihn bist."
Nethir kam
die Idee:
Wenn er schon bescheit weiß, dann kann ich ihn auch fragen! "Werde ich auch einer?"
Roku zögerte, dann sagte er vorsichtig, aber entschieden:
"Nein."
Nethir war geschockt.
"Warum nicht?" "Nun, weißt du. Es hat was mit der Vererbung zu tun, glaube ich. Und mit dem Schicksal."
Der Junge nickte enttäuscht, eine kleine Träne lief ihm über die Wange.
"Aber, aber. Das ist doch kein Grund zum Weinen. Du...kannst doch auch so
ein starker Kämpfer werden! Du musst doch nicht unbedingt auf einem Drachen reiten."
Nethir blickte auf, und wischte sich dabei die Träne weg.
"Eh...ehrlich?"
Roku lächelte.
"Aber natürlich. Und..." Er holte ein Metallstück aus einem Regel, welches er auf den Amboss legte.
"...Ich kann dir doch einfach ein Schwert schmieden!"
Das Schlachthorn erklang, alle Soldaten sprangen sofort auf und eilten in die Waffenkammer. Wenn das Horn dreimal erklang, hieß das Invasion. Das Horn erschallte erneut, dicht gefolgt vom dritten Klang. Die Krieger nickten bitter.
Sie stellten sich auf ihre Posten an der Stadtmauer auf, an die Schleudern, und auch als Fußsoldaten. Auf dem Schlossturm hockten acht verschiedenfarbene Drachen, auf ihren Rücken saßen Kinder, die sich mit einem Mann unterhielten.
Genauer: Einem Schmied.
Genauer: Roku.
Die Kinder trugen, ihren Drachen gleich, eine passende Rüstung, keine wie die andere.
Auf dem Rücken eines Dunkelblauen Donnerdrachen saß, etwas unsicher, Ryuma.
Dann ertönte das feindliche Schlachthorn, und aus dem Wasser tauchten urplötzlich Nixen, Fische, Elementare, und andere Wasserwesen auf. Doch das beunruhigste Wesen der Feinde war eine riesege fünfzig Meter hohe Welle mit goldenen Armschienen und gleichfarbigen Augen. Octo!
Die Drachen flogen
los, in die Richtung der Kontinente. Es war zwar eine feige Flucht, doch kein Kind konnte gegen den Wassergott selbst kämpfen, geschweigedenn, überleben!
Hinter der Drachenreitern tauchte, unbemerkt, ein schwarzer Drache auf, der von Roku an einen Nicht-Drachenreiter zur Flucht übergeben wurde.
Und noch während Nethir floh, schrie Octo wütend in einer unverständlichen Sprache. Vermutlich sagte er, dass es erbärmlich war, ihn herausgefordert zu haben. Offenbar eine Fehde vor Nethirs Zeit.
Während die Soldaten verzweifelt gegen die Armeen kämpften, riss Octo der gesamten Insel den Boden unter den Füßen weg, und Tora...
...versank in der Tiefe.
Fortsetzung folgt...