Gut, es geht mal wieder weiter und ich bitte mal wieder, die "kreative Pause" wie sie von einigen hier genannt wurde, zu entschuldigen, leider Gottes küsst mich meine Muse nicht täglich.^^
Gerade, als Antonio sich fragte, was wohl das andere Vergnügen war, läutete sein Handy in seiner Jacke. Er zog es aus der Jackentasche und schaute auf den Display, auf dem das Wort „Beatrice“ leuchtete.
„Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich kurz rangehe?“ ,fragte er mit eine Blick in Michaels Richtung. Dieser winkte gelassen ab, legte sich wieder auf seine Pritsche und begann erneut zu lesen. Mit halbem Ohr lauschte er dem Telefongespräch seines Psychiaters.
„Ja...nein, ich kann gerade nicht, ja..., ich rufe dich zurück...“ Nach einer gemurmelten Verabschiedung klappte Antonio sein Handy zu und drehte sich in der aufrichtigen Hoffnung, Michael wäre diese kurze Unterbrechung egal, zu seinem Patienten um. Michael lag friedlich auf seiner Pritsche, scheinbar in seine Lektüre vertieft. Antonio atmete erleichtert auf, räusperte sich und sprach seinen Patienten an:
„Nun, Michael, Sie entschuldigen diese kurze Unterbrechung, es kann sofort weitergeh...“
„Wer war das, Doc?“ ,fiel Michael ihm ins Wort. „Eine Kollegin? Eine Freundin? Ehefrau? Tochter?“
„Ich sagte Ihnen bereits, ich habe keine Tochter. Und ich bin auch nicht verheiratet.“
„Warten Sie etwa auf die Richtige, Doc?“ Michael grinste boshaft.
„Es geht hier nicht um mich, Michael. Wenn ich Sie erinnern darf, Sie sind hier der für geistesgestört erklärte Massenmörder.“
„Oh, wie feinfühlig, Doc. Ich bewundere Ihren Sinn für das Subtile.“
„An einem fünf-fachen Mord gibt es nichts schönzureden, Michael.“
„Oh doch, es war zum Beispiel ein herrlicher Tag voller Sonnenschein. Kinder spielten mit Hunden, die dämliche Namen wie Leslie oder Bello trugen, alle gingen mit einem freudigen Lächeln auf den Lippen durch die Stadt. Ein Bilderbuchsonntag.“
„Nur dass ein Wahnsinniger ihn zerstört hat, indem er wahllos in eine Menschenmenge geschossen hat.“
Michael begann zu kichern, zuerst leiser und mit hoher Stimme, dann wurde er lauter und lachte schließlich aus vollem Hals.
„Was zur Hölle ist daran so lustig?“ ,fragte Antonio aufgebracht, nachdem sich Michael etwas beruhigt hatte.
„Sie haben mich
wahnsinnig genannt, Doc. Mal ehrlich, komme ich Ihnen wahnsinnig vor? Als hätte ich den Verstand verloren? Als würde nicht mehr klar denken können? Der schizophrene Shaun aus Zelle 1408 hat seine Ehefrau erschlagen weil er dachte, sie würde mit einem Mann namens James anbandeln – seiner eigenen Zweitpersönlichkeit. Das ist verrückt. Prayer Bob aus der Zelle links neben mir betet jeden Abend zu einem Zimmermann namens Jesus, der angeblich vor 2000 Jahren für unsere Sünden gestorben ist.
Das ist verrückt.“
„Was hat Prayer Bob getan, dass er es verdient, hier zu landen?“ ,fragte Antonio.
„Oh, das Übliche.“ Michael zuckte mit den Schultern. „Eine Schulgruppe muslimischer Kinder erschossen, weil sie nicht die von ihm als Wahren Glauben bezeichnete Religion ausüben. Er dachte, die wollten ihn umbringen. Er ist krankhaft paranoid veranlagt, mit einer religiösen Zwangsneurose. Er glaubt
wirklich, Doc. Nicht wie Sie oder dieses Schwein Kramer, die ihr brav jeden Sonntag in die Kirche pilgert weil eure Eltern und Großeltern das auch schon so gemacht haben, dieser Mann ist fest davon überzeugt, dass Maria existiert hat, Jesus uns alle erlösen wird und wir uns nach unserem Tod vor Gott zu verantworten haben, Doc. Haha, ich weiß, verrückt!“
„Nicht alle Gläubigen sind automatisch fanatische Irre, Michael.“
„Aber alle fanatischen Irren sind gläubig, haha!“
Antonio überging die Polemik seines Gegenübers und sagte stattdessen: „Sie sind heute ja erstaunlich fröhlich, Michael, wieso das?“
Weil ich jemanden gefunden habe, den ich manipulieren kann. Jemanden, der mich aus diesem Loch rausholt.
Laut sagte er, „Aus keinem bestimmten Grund, vielleicht freue ich mich nur, Sie zu sehen.“ ,während der warmherzig lächelte.
Antonio blickte skeptisch. „Sie waren noch nie erfreut, mich zu sehen, Michael. Woher der plötzliche Sinneswandel?“
„Vielleicht gefällt es mir einfach, mich zur Abwechslung mal mit einem halbwegs intelligenten Individuum zu unterhalten.“
„Auch das wäre mir neu. So wie ich Sie einschätze freuen Sie sich nie über irgendeine Art der zwischenmenschlichen Interaktion.“
In diesem Moment öffnete sich mit hörbarem Klicken die Tür zu Michaels Käfig, und Jimmy, der Wärter kam herein.
„Do-Dokter Foletta? S-Sie müssen jetzt gehen, Michael braucht seine Ruhe und es wäre si-sicher nicht gut, ihn jetzt unnötig aufzuregen.“
Foletta setzte schon zu Protest an weil die Besuchszeit noch nicht vorüber war, sah dann aber, dass er mit Michael heute sowieso nichts mehr erreichen würde und beschloss, es für heute gut sein zu lassen. Als er aufstand und sich zum Gehen wandte winkte Michael ihm spöttisch hinterher und rief: „Gut so Doc, nur nicht das Wachhündchen verärgern.“
Das letzte, was Antonio hörte, bevor er den Zellentrakt verließ, war das manische Kichern seines Patienten.
So, ich hoffe wie immer es gefällt. Der Anruf war nicht nur als Lückenfüller gedacht und wird im späteren Verlauf sicher noch eine Rolle spielen. Der Name Beatrice (gesprochen "Beatritsche", da italienisch) ist auch nicht zufällig gewählt. Wer weiß, worauf ich mich damit beziehe, kriegt einen Cookie.