Ein bisschen mehr Feedback würde mich freuen. Hier der nächste Abschnitt:
Die Fülle der Kronen der riesigen Mammutbäume über dem orkischen Lager beschränkte sich auf die Spitzen der Giganten, sodass von den dicken hohen Stämmen nur einzelne kahle Zweige abgingen, so als ob die Bäume ihre Schätze vor den Absichten der barbarischen ungebetenen Gäste fernzuhalten versuchten. Einige der abstehenden einsamen Äste reichten bis auf das Dach des zweistöckigen Gebäudes inmitten des Postens, und es stellte jemandem, der ein wenig Geschick und Klettererfahrung besaß kein Problem dar, auf das Dach des Hauses unbemerkt zu gelangen. Die dichten Baumkronen verdeckten in diesem Teil des Waldes, stolz und mächtig, die unergründlichen Farben und Punkte des nächtlichen Himmels; und auch von außen drangen kaum Lichtspuren des Mondes durch das dichte Laub. Somit war die Wahrscheinlichkeit, die schmale Silhouette, die sich auf dem Dach des Gebäudes aufrecht bewegte, in dem runden Fokus der grauweißen kraterähnlichen Mondoberfläche zu erkennen, eher gering.
Telee`na bewegte sich vorsichtig über die Holzbalken der leichten Dachneigung; die Abstände zwischen den Holzbrettern, die ungeschickte Arbeit der Barbaren aufweisend, boten ihr Einblicke in das mit Betten bestellte Zimmer der Baracke, aus dem laute und aufdringliche Schnarchgeräusche hervordrangen. Aus dem unteren Stock des Gebäudes kamen provokative Klänge der orkischen Stimmen bis zu ihr durch und zwangen sie beinahe, diese näher zu untersuchen.
Sie ließ sich vom Rand des Daches fallen, nur leichtes Knacken des Süßholzes unter ihr erzeugend. Die Stimmen schienen von einem Disput zwischen zwei der Grünhäute zu kommen, der quadratische Ausschnitt in der Lehmwand bot Telee`na einen Ausblick auf die Streitenden.
„Jetzt bewegt Euren Hintern hinaus in den Wald, Borkhag, oder soll ich mit dem Aufseher Khan`rha zuerst ein Wörtchen wechseln? Er wird sicher erfreut darüber sein, einen Boten mit seiner langen Peitsche zurechtzuweisen.“ Die Stimme gehörte dem älteren von Beiden.
„Was kümmert es Euch, Garehg, wann die Arbeiter ihr Essen bekommen. Sie werden um diese Uhrzeit sicher nicht essen wollen. Ich gehe besser bei Sonnenaufgang hin, wenn sie sich ausgeschlafen haben.“
„Ihr habt sie ohne Ihr Mittag- und Abendessen gelassen, weil Ihr ein kleines Nickerchen vorgezogen habt, Dummkopf. Sie verhungern dort draußen, wegen Eurer Faulheit und Ihr wollt bis zum Morgen warten? Habt Ihr etwa Angst, dass die Elfen Euren Hintern aufspießen, Ihr Feigling?“
„Der Wagen wird viel Aufsehen erregen dort draußen, Garehg. Und die Langohren können in der Dunkelheit besser sehen. Es ist schwer, den Weg in der Nacht zu der Sägestelle zu finden.“
„Daran hättet Ihr in Eurem Mittagschläfchen denken sollen. Nehmt einen der Wölfe aus dem Käfig mit, wenn Ihr Euch in die Hosen macht, da allein rauszugehen. Und jetzt nehmt den verdammten Kessel und verschwindet, Dummkopf! Bewegung!“
Telee`na sah dem rothaarigen dicken Grünhaut nach, der mit eingezogenen Schultern und mürrischem Blick in einen anderen Raum schlenderte und wieder zurück mit einem riesigen Kessel in den Armen zurückkam, den er auf einen großen vierrädrigen Wagen lud.
„Habt Ihr mich nicht verstanden, Borkhag. Ich habe gesagt, Ihr sollt Euren lahmen fetten Hintern bewegen!“, erklang wieder der Alte, der den rothaarigen weiter vorwurfsvoll und ärgerlich zurechtzuweisen versuchte.
Borkhag erwiderte nichts. Er ging jetzt lediglich etwas schneller, den Wagen, der wirklich ziemlich viel Lärm auf dem holprigen Boden erzeugte, hinter sich her schleppend. Er überquerte den Hof, in dessen Mitte ein großes Feuer entfacht worden war, und befand sich jetzt vor dem großen Käfig, in dem gefangene graue Tiere auf engstem Platz zusammengeschlossen waren und in unregelmäßigen Abständen einer nach dem anderen in die Nacht aufheulten.
Zu Telee`nas Überraschung, ließ der feige Bastard zwei Wölfe aus dem Käfig, denen er nacheinander Leinen um den Hals legte und sich mit ihnen auf dem Weg in die Dunkelheit aufmachte. Die Karawane bewegte sich, wie es Telee`na erschien, schleichend; sie musste zuerst einen leichten Hang erklimmen, dazu zog der Grünhaut die Leinen der Tiere an und grunzte sie an, damit sie ihn beim Ziehen des Schwertransportes den Hügel hinauf halfen. Erst als sie den Hang erklommen hatten, befreite er die Wölfe von ihrer Last, da ihm selbst vermutlich alle Muskeln, die er beim Leinehalten angespannt hatte, bereits wehtaten. Die Geschwindigkeit des Zuges änderte sich kaum, immer noch mit hängenden Schultern und mürrischer buckeliger Haltung schob Borkhag, verzweifelt über seine Situation, den Karren, dessen Zugleine sich um den Gürtel des Orks spannte, weiter.
Außer der Hörweite des Lagers, mitten in dem dunklen mystischen Gemüt des Waldes, dessen Listen und Geheimnisse die stumme Verfolgerin besser kannte als ihr Opfer, kam die perfekte Gelegenheit zuzuschlagen. Sie trillerte einen Pfeifton, eine Folge von verschiedenen Lauten, die die Wölfe aus ihrem friedlichen ruhigen Zustand herauszureißen schienen. Die Tiere begannen umherzuspringen, ehrgeizig, von sonderbarer Energie erfüllt, rannten sie hin und her, soweit die Leine nachgab. Der Grünhaut, der die grundlose Erregung seiner Tierchen nicht verstand und sich ihrer Herr zu bleiben versuchte, scheiterte, als sie mit solcher Kraft zu ziehen begannen, dass die Leinen ihm einfach aus den Händen gerissen wurden.
„Wer ist da?“ Die Niedergeschlagenheit und die Demütigung, die dem Grünhaut widerfahren war, wurden von Angst und Ehrfurcht abgelöst, als er seine zwei Beschützer in der Schwärze des Waldes verschwinden sah. Dann drehte er sich um und rief noch einmal mit der tiefen Brechstimme aus: „Wer ist da, verdammt noch mal?“
Telee`na, die sich inzwischen ganz nah an ihr Opfer herangeschlichen war, wurde an die Worte ihres Ausbilders erinnert, stets leise und unbemerkt zu bleiben, und verkniff es sich somit, den dicken Grünhaut mit gruseligen Echos vor seinem Tod auf die Folter zu spannen. Stattdessen richtete sie sich auf und fuhr mit ihrem Dolch vor die Kehle ihres Opfers, der wie versteinert in die Dunkelheit starrend die Kälte einer Klinge auf seinem Hals bemerkte. „Ich fürchte, das Abendessen wird Euren Freunden heute verwehrt bleiben.“ – waren die letzten Worte, die Borkhag zu hören bekommen sollte, bevor die Klinge seinen Hals durchtrennte und ihm jegliche Form der Verständigung versagt wurde. Sein Körper, der sich durch das Drehen in der Zugleine verfangen hatte, fiel in Richtung des Karrens, der unter dem beachtlichen Gewicht auf die linke Seite umfiel und mindestens die Hälfte des Einlaufs, der bei den Holzfällern in dieser Nacht wohl nicht mehr ankommen sollte, auslaufen ließ.
Die Mörderin sah ausdruckslos auf die Leiche, die von dem umkippenden Wagen mitgerissen wurde und warf den geheimnisvollen versiegelten Umschlag auf die Erde daneben.
Mehr als jemals zuvor schienen ihre Gedanken von Unbehagen erfüllt zu sein. Zweifel und Befürchtungen, die eben noch von ihrer Mordlust vertrieben worden waren, krabbelten jetzt in ihr hoch und wurden Herr ihrer Seele. Doch es war zu spät. Die Anzeichen eines Mordes waren nicht mehr wegzuwischen. Durch die Widerspenstigkeit ihres Gewissens verzweifelt hob sie den Umschlag wieder hoch, dessen obere Linke Eck sich bereits durch das sich ausbreitende Blut rotgefärbt hatte und steckte ihn zurück in ihren langen Mantel. Zwischen ihren Fragen und den Antworten, nach denen ihr besorgter Verstand trachtete, stand nur noch die Nacht, die den Flug der schattenhaften Gestalt zu verbergen wusste.