Nachtelfen
Im Herzen des dunklen Kontinents Kalimdor lag ein geheimnisvoller See glühender Energien - der Brunnen der Ewigkeit. Das schattenhafte Volk der Nachtelfen, ein wilder nomadischer Stamm, wurde von den magischen Kräften des Sees angezogen und errichtete primitive Behausungen an seinen Ufern.
Sie glaubten, dass die Mondgöttin Elune tagsüber in den schimmernden Tiefen des Brunnens schlafen würde und beteten sie an. Die frühen Priester und Seher der Nachtelfen studierten die mystische Quelle ohne Unterlaß, um ihre unbekannten Geheimnisse und Kräfte zu enträtseln.
Die Mondgöttin Elune bzw ein grosses beeindruckendes abbild ihrer
Die kosmischen Energien begannen, das junge Volk zu beeinflussen, und verliehen ihm Stärke, Weisheit und Unsterblichkeit. Der Stamm gab sich selbst den Namen Kaldorei, was in seiner Sprache so viel wie "Kinder der Sterne" bedeutet.
Im Laufe scheinbar endloser Zeitalter wuchs die Gesellschaft der Nachtelfen und ihre aufstrebende Kultur erforschte ganz Kalimdor. Sie errichteten gewaltige Bauwerke am Ufer des Sees und ihre Tempel, Straßen und Städte erstreckten sich bald über den gesamten Kontinent.
Die Neugier der Kaldorei führte dazu, dass sie sich mit einer Reihe mächtiger Wesenheiten anfreundeten, nicht zuletzt mit Cenarius. Der großherzige Halbgott lehrte die Nachtelfen vieles über die natürliche Welt und die abgeklärten Kaldorei entwickelten eine starke Verbundenheit mit den lebenden Wäldern von Kalimdor. Sie lebten in einem harmonischen Gleichgewicht mit der Natur.
Obwohl Cenarius die Nachtelfen unablässig vor den gefährlichen Künsten der Magie warnte, befahl Königin Azshara, die grenzenlosen Energien des Brunnens zu erforschen. Die Priester der Quel'dorei - ihre bevorzugten Untertanen - entdeckten, dass sie seine Macht nutzen konnten, um ganz nach Gutdünken zu erschaffen oder zu vernichten. In zunehmend riskanteren Experimenten erforschten Azshara und die "Hochwohlgeborenen" ihre neu erlangten Kräfte und waren fest entschlossen, diese primitive Magie zu meistern.
Doch die hochmütige Oberschicht wurde zunehmend geringschätziger und grausamer zu den anderen Nachtelfen. Furion Stormrage, ein junger Gelehrter, der die Wirkung des Brunnens ausgiebig studiert hatte, kam zu der Überzeugung, dass eine schreckliche Macht die Quel'dorei und seine geliebte Königin verdarb.
Durch den gedankenlosen Gebrauch der Magie wurde Sargeras, der Großfeind allen Lebens, auf die
aufstrebende Welt aufmerksam. Die starken Energien, die vom Brunnen der Ewigkeit ausgingen, weckten seinen unstillbaren Hunger und er beschloss, die magischen Kräfte Azeroths für sich zu beanspruchen.
Königin Azshara und die Quel'dorei erlagen seiner unentrinnbaren Macht. Sie ergaben sich der unausweichlichen Verderbnis der Magie und beteten Sargeras als ihren Gott an. Um der Brennenden Legion Zutritt zu ihrer Welt zu gewähren, bündelten sie ihre Kräfte zu einem einzigen Zauber und erschufen eine instabile Pforte chaotischer Energien.
Die Brennende Legion, das gewaltige Dämonenheer des dunklen Gottes, überfiel die ahnungslose Welt und begann mit ihrer katastrophalen Invasion. Sie belagerten die schlafenden Städte der Nachtelfen und ließen nur Asche und Elend hinter sich zurück. Zwar griffen die tapferen Krieger der Kaldorei zu den Waffen, um ihre alte Heimat zu verteidigen, aber sie mussten Zoll für Zoll vor dem Ansturm der Legion zurückweichen.
Cenarius willigte ein, den Nachtelfen zu helfen, indem er seine Armee von uralten Treants in eine verwegene Schlacht gegen die Legion führte. Auch die Drachen und ihre mächtigen Bruten stellten sich den Dämonen und ihren infernalischen Meistern entgegen. Als die neuen Verbündeten auf den Brunnen der Ewigkeit marschierten, brach ein allumfassender Krieg zwischen den titanischen Rassen aus.
Doch sie konnten die Brennende Legion nicht allein durch Kampfkraft besiegen. Das Portal in den brodelnden Tiefen des Brunnens stellte die einzige Verbindung der Dämonen mit der stofflichen Welt dar. Daher wollten die Nachtelfen eine Möglichkeit finde, den magischen See zu zerstören und die Pforte zu verschließen. Sie stürmten zum Angriff auf Azsharas Tempel und viele Krieger fielen ihrer entfesselten Macht zum Opfer.
Während des schrecklichen Kampfes befanden sich die Quel'dorei mitten in ihrer letzten dunklen Beschwörung, um ein noch größeres Portal zu erschaffen. Die sorgsam gewirkte Magie zerbrach und setzte eine katastrophale Kette von Ereignissen in Gang. Die instabile Pforte und der Brunnen der Ewigkeit explodierten und zerstörten die wunderschöne Heimat der Nachtelfen.
Sturmfluten begrub die Trümmer Kalimdors unter sich - es blieben nur wenige Kontinente zurück, die von einem neuen, tosenden Meer umgeben waren. Es war den Kaldorei und ihren Verbündeten zwar gelungen, die Brennende Legion von der Welt zu verbannen, aber der Sieg hatte einen schrecklichen Preis gekostet. Das utopische Zeitalter der Nachtelfen war für immer dahin...
Auf der Suche nach einer neuen Heimat, erklommen die Überlebenden der entsetzlichen Katastrophe den heiligen Berg Hyjal. Die erschöpften Nachtelfen, unter ihnen auch viele Hochwohlgeborene, wollten sich vom Rest der Welt zurückziehen. Doch als sie in das bewaldete Tal zwischen den windumtosten Gipfeln hinabstiegen, mussten sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass Illidan Stormrage - Furions verräterischer Bruder - den Berg lange vor ihnen erreicht hatte.
In seinem wahnsinnigen Begehren, die
Ströme der Magie in der Welt zu erhalten, hatte er einen neuen Brunnen der Ewigkeit erschaffen. Aber weil die Kaldorei befürchteten, die Zerstörung des Brunnens könnte eine weitere Katastrophe auslösen, beschlossen sie, ihn in Ruhe zu lassen.
Sie waren zu der Einsicht gelangt, dass ihr Ehrgeiz für die furchtbaren Verwüstungen der Vergangenheit verantwortlich war. Zu spät hatten sie erkannt, dass die Sucht nach den stärkenden Energien der Magie ihr Volk versklavt hatte. In ihren Augen mussten die chaotischen Kräfte unweigerlich zu Verderbnis und Unfrieden führen.
Aus Angst vor einer Rückkehr der dämonischen Legion, weigerten sich die Kaldorei fortan, die Künste der Magie anzuwenden. Die dunkle Macht stand im Gegensatz zu allem, was die Schöpfung und die natürliche Welt symbolisierten. Unter den Augen des wachsamen Cenarius begannen die Nachtelfen das Studium der uralten Druidenlehren, mit denen sie die verwüstete Erde heilen und ihre geliebten Wälder wieder aufforsten konnten.
Obwohl die Kaldorei ihren magischen Kräften entsagt hatten, waren die großen Drachen sehr beunruhigt. Sie mutmaßten, dass die Dämonen eines Tages wiederkehren könnten, solange der Brunnen der Ewigkeit existierte. Daher schlossen Alexstraza, Nozdormu und Ysera einen Pakt mit den Nachtelfen, um die mystische Quelle zu beschützen.
Drachenkönigin Alexstraza legte eine verzauberte Eichel im Herzen des Sees ab, die zu einem riesigen Baum heranwuchs. Nordrassil, wie die Nachtelfen den Weltbaum nannten, sollte ein ewiges Symbol ihrer Verbundenheit mit den Kräften der Schöpfung sein.
Die Leben spendenden Energien, die er aus dem Brunnen der Ewigkeit bezog, verliehen den Kaldorei Unsterblichkeit und Macht über die Natur. Zudem belegte Nozdormu den gewaltigen Baum mit einem Zauber, der gewährleisten sollte, dass kein Nachtelf Opfer von Krankheiten oder Seuchen werden konnte.
Auch Ysera, die Göttin der Träume, verzauberte den Weltbaum und verband ihn mit ihren Reich - dem Smaragdgrünen Traum. Die Druiden willigten ein, Jahrhunderte am Stück zu schlafen, damit ihre Seelen auf den unendlichen Pfaden der Astraldimension wandeln konnten. Es gefiel den Männern zwar nicht, so viele Jahre ihres Lebens für den Großen Schlaf zu opfern, aber sie hielten sich selbstlos an ihren Teil des mystischen Pakts.
Während sie im tranceähnlichen Smaragdgrünen Traum schliefen, blieb es den Kriegerinnen der Nachtelfen überlassen, Kalimdor vor den Gefahren der neuen Welt zu schützen. Tyrande Wisperwind, die Hohepriesterin der Mondgöttin Elune, sammelte eine kampfstarke Truppe aus dem Kreis ihrer Schwestern um sich. Die furchtlosen Kriegerinnen, die sich der Verteidigung ihrer Heimat verschrieben hatten, wurden Wächter genannt und streiften fortwährend durch die schattigen Wälder von Ashenvale.
Im Laufe der Jahrhunderte erlebte die Gesellschaft der Nachtelfen eine neue Blüte. Unter der gütigen Führerschaft der Druiden genossen sie eine Ära des beispiellosen Friedens und der Ruhe. Doch viele der ursprünglichen Quel'dorei verspürten Entzugserscheinungen nach dem Verlust ihrer geliebten Magie und waren versucht, wieder ihren verbotenen Ritualen nachzugehen.
Furion, der zu einem Erzdruiden mit großer Macht geworden war, warnte sie, dass jede Anwendung von Magie mit dem Tod bestraft werden würde. Doch die Druiden brachten es nicht fertig, so viele ihrer Art hinzurichten und beschlossen, ihre abtrünnigen Brüder aus Kalimdor zu verbannen.
Die Kaldorei zogen sich vom Rest der Welt zurück und hielten sich auf der Spitze ihres heiligen Berges Hyjal mehrere tausend Jahre lang verborgen. Abermals spürten die Druiden, dass die Zeit des Großen Schlafes heranrückte, und sie bereiteten sich darauf vor, ihre Liebsten und Familien zurückzulassen. Sie kehrten in die Hügeltiefen der Berge oder die Grabhügel im heiligen Mondmoor und Winterspring-Tal zurück. Obwohl fast zehntausend Jahre seit dem Krieg der Urtume vergangen waren, wuchs ihre Angst vor einer zweiten Invasion der Brennenden Legion.