Hallo,
erst mal ein paar Sätze über mich
Ich lese schon lange sehr interessiert im Forum mit und war bisher ansonsten inaktiv. Ich spiele WoW von Anfang an und davor viele andere Onlinerollenspiele. Ich bin, um genau zu sein, seit den ersten MUD dabei und spielte davor P&P Rollenspiele (ich bin einfach schon zu alt...).
Ich habe WoW bis zu 15 Stunden täglich gespielt, teils mit "Profiabschichten". Die Figur, die ich als Mainchar bezeichnen würde ist bis heute allerdings erst
Lvl 73. Zwischendurch spielte ich einige Chars jeweils auf den max.
lvl. Teils auch bei Freunden usw...
Dazu kommt, dass ich im Hauptberuf Erzieher und Sozialpädagoge bin (allerdings war ich in damals selbständig in ganz anderer Tätigkeit). Irgendwann habe ich mich in WoW nicht mehr für Ticks interessiert, sondern nur noch für
PVE (Quests, Reisen, Entdecken...). Sozusagen eine komplett andere Spielweise. Ich habe sehr viele Menschen virtuell kennen gelernt und schließlich (der Pädagoge lässt grüßen), schrieb ich meine Diplomarbeit über Onlinerollenspiele. Dazu führte ich an die 350 Interviews und es gab einen Onlinefragebogen (den es seitdem als Dauerstudie auf
Gameswanted.de gibt). Kurz: Onlinerollenspiele beschäftigen mich nach wie vor "extrem" nur spiele ich in der Regel nur noch am Wochenende zwei bis fünf Stunden (oder ich führe weiterhin Interviews per Telefon - wer also Interesse hat

).
Das Thema "Sucht", vielleicht passt hier besser "Zwangshandlung", kommt immer wieder auf und das zu Recht. Es ist fakt, dass Onlinerollenspiele süchtig machen
können. Hinsichtlich des sozialen Status habe ich die Erfahrung gemacht, dass dieser eher nebensächlich ist. In jedem Fall ist es immer eine ganz persönliche und individuelle Situation der Betroffenen. Dies schließt das komplette soziale Umfeld, die bisherige "Lebensgeschichte" und die aktuelle Situation mit ein. Ich habe in den Interviews Menschen kennen gelernt, die sich nachts um drei den Wecker gestellt haben, um in OGame nachzusehen, wie sich die Dinge entwickeln. Oder einen Rechtsanwalt und einen Arzt, die beide zeitweise ihre Tätigkeit aufgegeben haben, da sie vollständig WoW verfallen waren. Dutzende weitere Beispiele der negativen Art kommen hinzu. Trotzdem gibt es natürlich auch Menschen, die "Ihr" Onlinerollenspiel als Freizeitbeschäftigung ansehen - selbstverständlich. Ich führte auch ein Interview mit den Teamspeak Entwicklern, die zunächst einfach nach einer Methode suchten, sich im Game verbal zu verständigen (seinerzeit gab es nichts Vernünftiges - also weit vor WoW & Co.) und die selbst überrascht waren, wie sich das Programm in Onlinerollenspielen verbreitet hat. Das Bedürfnis nach verbaler Kommunikation war also von Anfang an gegeben. Gleichzeitig gestaltet genau diese verbale Kommunikation das Spiel noch persönlicher, obwohl ggf. nie ein rl Kontakt stattfindet. Ich möchte damit nur sagen, dass Onlinerollenspielsucht oder Mediensucht ein extrem komplexes Thema ist, dem immer eine Entwicklung vorausgeht.
Konflikte mit den Eltern sind oft der Fall. Hier gibt es nur die Lösung, die Eltern mit einzubeziehen, das Gespräch zu suchen und feste Spielvereinbarungen zu treffen. Alles andere kann erfahrungsgemäß zu großen Problemen führen. Ich habe Familien kennen gelernt, in denen die jugendlichen Kinder ihren Eltern gegenüber handgreiflich wurden, wenn es darum ging, den PC abzustellen. Und das nicht nur in Bezug auf Onlinerollenspiele. In so einer Situation ist "das Kind längst in den Brunnen gefallen." Solche Extremsituationen können nur durch den Dialog mit den Eltern vermieden werden.
Man kann schlicht und einfach keinerlei Pauschalantworten auf einen Einzelfall geben. Es ist ganz eindeutig, dass die Spielzeit eine große Rolle spielt. Aber gerade nicht die ausschließliche. Werden Dinge des Alltags vernachlässigt, ist meistens eine Konfliktsituation vorprogrammiert. Eine Vernachlässigung, gleich in welchem Bereich, des rl sozusagen, ist nicht selten eine Situation, die nur sehr schwer rückgängig gemacht werden kann (ohne prof. Hilfe von Außen). Es geht viel mehr darum, eine solche Situation erst gar nicht entstehen zu lassen.
Das Problem besteht darin, eine aufkommende "Sucht" zu erkennen. Sowohl seitens der Jugendlichen, als auch der Eltern. Daher ist das Gespräch und sind klare Regeln so wichtig.
Präventive Arbeit in Bezug auf Elternarbeit ist ein Themenkomplex, der in Bezug auf Mediensucht (oder Medienkompetenz im tatsächlichen Sinne) immer zu kurz gekommen ist. Auch deswegen sollten die Kids von sich aus das Gespräch suchen (ganz abgesehen davon, dass es natürlich auch hier Eltern und Kinder gibt, die mit all dem wunderbar klarkommen, aber die haben auch keine Probleme...).
Also: Suche das Gespräch!