So, lang lang ist's her. Ich dachte es wird mal wieder Zeit für einen nächsten Teil. Ich hoffe ihr habt Spaß beim Lesen!
„Ich bin nun seit 3 Monden hier. Durch das Fenster konnte ich nachsehen, wann sie sich zu ihren Ritualen sammeln. Sobald die Dämmerung einsetzt, ziehen sich die Skelettwachen an den Friedhofstüren zurück. Heute habe ich mich heraus geschlichen und bin ihnen auf den Friedhof gefolgt. Skelette, Ghuls und andere untote Gestalten versammeln sich im Zentrum des Friedhofs und beginnen einen grauenvollen, tiefen Gesang, der mir den Schauer über den Rücken trieb. Einige Minuten stehen sie dort und singen in einer unverständlichen Sprache. Knochen und Gelenke knacken und der übel riechende Gestank von totem Fleisch zieht über den ganzen Friedhof hinweg. Doch meine Neugierde war zu groß, als dass mich all diese Dinge hätten zurück halten können.
Plötzlich geschah etwas Neues. In der Mitte der Versammelten flammte ein Feuer auf. Ein Funkenregen sprühte auf die Horde Untoter und versenkte das ohnehin tote Fleisch der anwesenden Ghuls. Ein lauter, schriller Schrei durchbohrte mich plötzlich. Doch mit Herzrasen musste ich dem Schauspiel folgen. Ich musste es einfach wissen! Da stand er dann, der Schreckenslord des Friedhofs von Rabenhold. Er schien einem großen Skelett am ähnlichsten, jedoch trug er eine klappernde Kettenrüstung und einen gehörnten Helm, der ihn von den anderen unterschied. Das untote Gesindel kniete vor ihm nieder. Wieder ertönte seine Stimme, es klang, als gab er seinen Untertanen neue Anweisungen. Doch dann verstummte er und hielt für einen Moment inne. Er wirkte, als würde er versuchen, etwas zu riechen. Eine abstruse Vorstellung, wenn man bedenkt, dass es sich um einen Untoten handelte. Doch dann blickte er sich suchend um und auf einmal schaute er in meine Richtung. Schnell und leise vergrößerte ich meinen Abstand zu der Gruppe. Grabstein für Grabstein arbeitete ich mich vorsichtig zurück zum Ausgang. Der Anführer hatte sich mittlerweile wieder seinen Untertanen zugewandt.
Ich zog mich wieder ins Haus zurück und versuchte das Treiben auf dem Friedhof durch das Fenster weiter zu beobachten. Durch die Fackeln, die die Skelette mit sich tragen, konnte ich ihre Wanderung über den Friedhof gut erkennen. Sie schienen eine Art Kontrollgang zu machen. Mittlerweile sind die Lichter erloschen. Vielleicht haben sie sich in die Gruften auf dem Friedhof zu weiteren Ritualen zurückge….“
Tyrena hatte sich auf die geschlossene Truhe gesetzt, während Morpheus aus dem Tagebuch von Marie Lorane vorgelesen hatte. Als er plötzlich mitten im Satz abbricht, schaut sie ihn etwas verwundert an. „Hier wird die Schrift undeutlich. Der Satz bricht abrupt ab, aber sie wollte scheinbar noch etwas anderes schreiben. Dem Anschein nach kam sie dazu aber nicht mehr.“, Morpheus reicht Tyrena das Tagebuch. Ein paar eingetrocknete Blutspritzer bedecken die Seite. Die Worte sind deutlich geschrieben, nur der letzte Satzteil scheint total verwackelt. Ein paar weitere Worte sind weiter unten zu sehen, doch mit Blutspritzern überzogen und scheinbar in solcher Hast geschrieben, dass sie nicht zu lesen sind. „Scheinbar wurde sie überrascht und wollte eine letzte Botschaft hinterlassen.“, beginnt Tyrena ihren Gedanken in Worte zu fassen. „Doch da ihr das nicht gelang, musste ihr Geist hier wandeln, bis er seine letzte Aufgabe erfüllt hatte.“, formuliert Morpheus den Gedanken zu Ende, der wohl die gleiche Idee hatte. „Doch wie kam dann ihr Tagebuch in diese Truhe? Und wo ist das ganze Blut hin? Das hier kann nicht der Ort sein, an dem sie umgebracht wurde.“, entgegnet Tyrena. „Hm“, Morpheus beginnt zu grübeln, bis sein Blick auf die Treppe am anderen Ende des Raumes fällt, „Die Truhe kann ich nicht erklären, aber ihren letzten Aufenthaltsort vielleicht schon“.
Tyrena folgt seinem Blick und versteht. Beide gehen sie vorsichtig die Treppe nach oben, in einen nur noch halb erhaltenen Raum. Ein Teil der Wände ist noch in Trümmern vorhanden, während die Decke eingestürzt oder gar ganz verschwunden ist. Sie schauen sich in den Trümmern um, bis Tyrena vor einem halb erhaltenen Fenster in Richtung des Friedhofes stehen bleibt. „Das hier muss es sein! Von hier aus konnte sie das Treiben auf dem Friedhof beobachten.“ Sie räumt die Trümmer auf dem Boden etwas zur Seite. „Und hier hat sie wohl auch ihr Ende gefunden“, kommentiert sie die eben freigelegte, schon lange eingetrocknete Blutlache auf dem Boden. Von menschlichen Überresten ist allerdings nichts mehr zu sehen. Sie durchsuchen den restlichen Raum nach weiteren Informationen, jedoch ohne Erfolg.
„Wie wollen wir weiter vorgehen?“, beginnt Morpheus erneut das Gespräch, „Wir scheinen uns hier mit großen Gegnern anzulegen, vielleicht sollten wir uns ein wenig Unterstützung suchen.“ „Euer Vorschlag erscheint mir klug, doch sollten wir zunächst den hellen Tag nutzen und uns noch ein wenig auf dem Friedhof umsehen.“, antwortet Tyrena prompt, „Wenn die Aufzeichnungen stimmen, dann erwacht der Schreckenslord nur nachts, während tagsüber lediglich sein untotes Gesindel auf dem Friedhof Wache hält. Vielleicht können wir so noch etwas mehr erfahren, bevor wir zurückkehren und Verstärkung erbeten.“ Morpheus zieht eine Augenbraue hoch und schaut Tyrena leicht seufzend an: „Ihr wisst sicher, was ich von eurem Gedanken halte, doch welche Möglichkeit habe ich, euch davon wieder ab zu bringen?“ „Nun, ihr könntet alleine vorausmarschieren und Verstärkung erbeten, während ich den Friedhof erkunde.“, entgegnet Tyrena mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht. Sofort schüttelt Morpheus den Kopf: „Eure Argumentation scheint mir nicht gerecht. Doch ihr habt gewonnen. Ich werde euch sicher nicht verlassen, erst recht nicht, wenn ihr diesen Friedhof aufsuchen solltet!“
Für einen kurzen Moment herrscht Stille und beide schauen sich an. Diesmal ist es Tyrena, die wieder das Gespräch anfängt: „Kommt, dann lasst uns gehen, solange der Tag noch hell ist. Schließlich sollten wir uns vor Anbruch der Nacht wieder auf dem Rückweg befinden!“ Sie wendet sich ab und geht wieder die Treppe nach unten aus dem Haus. Morpheus folgt ihr bis auf den Dorfplatz. „Wir sollten uns vom vorderen Eingang an der linken Seite entlang bis zur ersten Gruft schlagen. Von dort aus haben wir einen guten Weg bis zur Mitte an den vermutlichen Versammlungsplatz.“, empfiehlt Morpheus, der von oben den Friedhof aus dem Fenster gemustert hatte. Tyrena nickt zustimmend und lächelt Morpheus an, bevor sich beide in Richtung Norden bewegen. Als der Eingang des Friedhofs in Sichtweite kommt, bleiben sie stehen.
„Zwei Skelette bewachen den Friedhofseingang. Vielleicht könntet ihr euch an den Büschen entlang schleichen und einen der beiden zunächst außer Gefecht setzen. Ich würde danach das andere Skelett anstürmen und wir könnten beide nacheinander erledigen. Was haltet ihr davon?“, Morpheus schaut Tyrena erwartungsvoll an. „Ihr scheint mir ein guter Taktiker zu sein, werter Morpheus. Ich werde mein Bestes tun!“, entgegnet Tyrena. „Nun, ich bin es gewohnt den Überblick über einen Kampf zu haben. Als Krieger stehe ich immer dem Feind direkt gegenüber und habe auch die Pflicht darauf zu achten, dass meine Mitstreiter, die vielleicht nicht so gut gerüstet sind wie ich…“, er wirft einen kurzen Blick auf Tyrena’s Lederkluft, „..nicht unnötig von Gegnern verwundet werden.“ Tyrena, die seine Anspielung verstanden hat, kontert schnell: „Dafür seid ihr ein lauter Zeitgenosse und büßt andere Vorteile ein.“
Ihre Stimme wird leiser, als sie sich langsam in das Gebüsch rechts von sich verzieht. Morpheus beobachtet währenddessen die beiden Wachen eingehend und versucht im Gebüsch Tyrena auszumachen. Doch er kann keine Bewegung erkennen. Erst als das rechte Skelett zu taumeln beginnt, weiß er, dass Tyrena ihre Aufgabe erfüllt hat. Etwas irritiert wendet sich die zweite Wache um. Währenddessen stürmt Morpheus
los. Er zieht seine feurige Axt hervor und schlägt auf das noch etwas überraschte Skelett ein. Tyrena ist bereits hinter die zweite Wache geschlichen und attackiert diese nun ebenfalls. Kurz Zeit später fällt das Skelett in sich zusammen. Noch bevor es völlig den Boden erreicht hat, ist es zu Staub zerfallen.
Die erste Wache kommt gerade wieder zur Besinnung, als Morpheus ihr bereits einen heftigen Schlag mit der zweihändigen Axt versetzt und ihr damit den Kopf von den Schultern schlägt. „Nun, da haben uns diese Giftspinnen doch etwas schwerer zu schaffen gemacht.“, grinst Morpheus Tyrena an, die jedoch wenig amüsiert wirkt. „Es war eure Idee ohne Verstärkung den Friedhof zu erkunden, also wollen wir weiter, oder?“, erinnert Morpheus die Schurkin. Tyrena räuspert sich kurz und schaut dann auf den Friedhof: „Wenn wir uns hier am linken Zaun halten, dann werden wir mit Glück nur zwei weiteren Skeletten begegnen müssen, bis wir es an die Gruft schaffen. Lasst uns gehen!“
Beide betreten vorsichtig den Friedhof und versuchen hinter den Büschen, die am Rande des Friedhofes wachsen, ein wenig verborgen zu bleiben. Als wieder eine Skelettwache in Sicht kommt, bleibt Morpheus stehen. Er nickt Tyrena kurz zu, welche sofort weiter schleicht und dem Skelett von hinten einen heftigen Schlag versetzt. Während die Wache sich mit knackenden Geräuschen umwendet und mit einem verrosteten Schwert zum Schlag ausholt, kommt Morpheus von hinten angerannt und hievt mit seiner Axt auf die Wirbelsäule des Gegners ein. Schnell und flink weicht Tyrena dem vorn überkippenden Skelett aus, welches kurz darauf zu Boden geht.
Nur ein Skelett trennt Morpheus und Tyrena nun noch von der Gruft. Wieder schleicht Tyrena voran. Sie steht gerade hinter dem Skelett als plötzlich von vorne ein gewaltiger Blitz aus einem Busch zuckt und das Skelett in die Rippen trifft. Von der Wucht des Zaubers wird es zurückgeschleudert, ein paar Rippen fliegen umher, bis das Skelett komplett zu Staub zerfällt. Doch auch Tyrena hat es umgeworfen, die ebenfalls einen Teil der Magie abbekommen hat. Regungslos bleibt sie am Boden liegen. Sofort kommt Morpheus aus dem Gebüsch geeilt und betrachtet Tyrena’s Wunden. An einigen Stellen ist ihre Lederrüstung versengt und zeigt das darunter liegende, blutende Fleisch. An der Stirn hat sie eine große, blutende Wunde und auch am Hals ist eine schwere Verletzung zu erkennen. Das auseinander fliegende Skelett scheint ihr zusätzlichen Schaden zugefügt zu haben.
Morpheus kniet nun neben Tyrena. Ihm ist klar, dass selbst die beste Bandage ihr jetzt nicht mehr helfen kann. „Tyrena, ihr müsst wach bleiben! Tyrena, so sagt doch was! Ihr dürft nicht gehen!“, schreit der Zwerg wutentbrannt, doch die Schurkin zeigt keine Reaktion. Im Blutrausch richtet sich Morpheus auf und springt in das Gebüsch, aus welchem der Blitz kam. Er will bereits zum Schlag ausholen, als er gerade noch rechtzeitig erkennt, welche Gestalten vor ihm stehen…